2 Sep 2017

Firmengründung, Jobsuche oder -wechsel? – Mit Effectuation zum Erfolg

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Albert Einstein„Planung ersetzt den Zufall durch Irrtum!“, soll schon Albert Einstein gesagt haben, der als Naturwissenschaftler und Philosoph nahezu ständig Theorien entwickelte, Abläufe analysierte und zukünftige Entwicklungen entwarf. Auch unsereins plant sich vom Jahresurlaub bis über den Studienabschluss hin zur nächsten Karrierestufe oder dem beruflichen Neuanfang.

Koche mit den Zutaten, die du im Kühlschrank hast

Vielen Menschen helfen Disziplin, Kontrolle und die genaue Definition über „s.m.a.r.t“ geplante Ziele, damit sich etwas beruflich oder privat bewegt. Anderen kommt dies zu deterministisch gesteuert daher. Schließlich ändert sich die persönliche Lebenssituation oftmals abrupt, es stimmen die Voraussetzungen plötzlich nicht mehr, oder man muss auf neue Chancen und Ideen flexibel reagieren. Die Umsetzbarkeit anhand ausgetüftelter Karrierepläne gelangt dann an ihre Grenzen.

Kühlschrank auf!Der ursprünglich aus dem Entrepreneurship stammende Effectuation-Ansatz geht den umgekehrten Weg: Ist die künftige Situation hochgradig ungewiss, unterliegt Schwankungen, die Sie selbst kaum beeinflussen können, oder bedarf des offenen Austestens, ist es ehrlicher zu sagen, dass man nur eine vage Vision, eine verrückte Idee oder Einfälle hat, die noch unausgereift sind. Die Grundsituation der Ungewissheit kann eine bevorstehende, berufliche Selbstständigkeit sein wie der angedachte Berufswechsel gleichsam. Statt sich auf Endresultate zu fixieren, kann es effektiver sein, sich zunächst die Ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen statt das Endresultat anzuschauen: Was können Sie? Was macht Ihnen Freude? Wer unterstützt Sie? Was wollen und brauchen Sie gerade jetzt?

Vergleichbar mit dem Kochen suchen Sie bei Effectuation nicht im Rezeptbuch ein hippes Trendgericht heraus, laden Ihre Bekannten ein und gehen dann die Ingredienzien für das Mahl im teuren Feinkostshop einkaufen. Es könnte sein, dass sie alles bis auf die entscheidende Gewürzzutat nicht bekommen – das Geschmackerlebnis wird sodann im schlimmsten Fall ad hoc an den Lieferservice überantwortet. Vielmehr reißen Sie Ihre Küchenschränke auf und überlegen, was essbar, kombinierbar und für Sie gerade schmackhaft wirkt. Daraus kreieren Sie mit geringem Aufwand ein ganz neues Gericht, ohne Schnickschnack, innovativ – und meist nicht minder lecker! Dazu muss man sich jedoch zuerst in so manch unbeschriftete Frischhaltedose hineinschauen trauen oder das Tiefkühlfach durchwühlen.

 

Stadt-Land-FlussÜbung: Ihr Ressourcen-Kühlschrank

Vermutlich kennen Sie das „Stadt-Land-Fluss-Spiel“, bei dem ein willkürlicher Anfangsbuchstabe in die Runde geworfen wird und alle möglichst schnell Begriffe dazu bilden. Die gleiche Technik funktioniert mit Interessen (Was mache ich gerne?), Fähig- und Fertigkeiten (Was kann ich gut?) sowie Kontakten (Wer kann mir weiterhelfen?). Wenn Sie mit das mit mehreren Personen spielen, gehen Sie das ganze Alphabet samt Umlauten durch und tragen Sie alle gewählten Buchstaben in einer dreispaltigen Tabelle links untereinander ein. Wie im Original-Spiel bekommt einen Punkt für die gewonnene Runde, wer am schnellsten fertig ist und die Begriffe laut vorliest. Die anderen MitspielerInnen sollten trotzdem die Zeit erhalten, die Runde für sich zu beenden und auch ihre Begriffe vorzulesen. Manchmal werden Sie denken: „Oh, das hätte mir auch einfallen können, denn es passt genauso auf mich!“ Dann fügen Sie es nachträglich zu Ihrer Tabelle hinzu – immerhin ist es Ihre Ressource.

ChecklistAußer den Anfangsbuchstaben müssen die drei Begriffe aus jeder Runde nicht unbedingt inhaltlich etwas miteinander zu tun haben. Bei „G“ mag Ihr Interesse Golfen, Ihre Fähigkeit Glasbläserei und Ihr Kontakt Gerald sein – auch wenn Sie diesen mitnichten aus einem Golfclub kennen und er keine Glasmanufaktur besitzt. Versuchen Sie zum Spielende zusammenpassende Begriffe über alle Spalten hinweg zu finden; egal aus welcher Runde oder mit welchen Anfangsbuchstaben. Kringeln Sie die zusammenpassenden Begriffe fett ein, verbinden Sie diese miteinander, und lesen Sie sich gegenseitig die gefundenen Verbindungen vor. Für jede nachvollziehbar sinnvolle Verbindung gibt es drei Extrapunkte! Es kann sich also auszahlen, bei einer Einzelrunde nicht immer als erstes fertig zu sein, dafür aber hochwertige und durchdachte Begriffe für die späteren Verbindungen in der Tabelle zu wissen.

 

Erfindung des RadsÜbung: Das fiktive Startup

Bei neuen Produkten, Erfindungen oder Entdeckungen anderer haben Sie vielleicht schon einmal gedacht: „Da hätte ich auch drauf kommen können!“ Das kann daran liegen, dass Innovatives selten völlig neuartig ist. Oft wird nur eine Winzigkeit verändert, wie etwa beim Walzen von Kakaomasse vor 150 Jahren. Das führte dazu, dass wir uns heute cremige Schoki im Munde zergehen lassen statt das bis dahin verbreitete, sandig-klumpige Original aus Mexiko weiter zu kauen – obwohl sich an den Grundzutaten nichts verändert hat.

Mit dem Effectuation-Ansatz als Patchwork-Technik können Sie schneller auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren und pragmatisch-kreativ von dem ausgehen, was Sie jetzt schon haben. Wenn Sie beispielsweise am Abend mit Freunden/innen zusammensitzen, bilden Sie spontan kleine Zweier- oder Dreiergruppen möglichst so, dass sich unterschiedliche Charaktere und nicht allzu Vertraute in einer Kleingruppe zusammenfinden. Alle überlegen nun 10 Minuten für sich jeweils 6 Dinge, die sie gerne und passabel machen, die sie „in petto haben“ und als Ressourcen zur Verfügung stellen wollen. Erzählen Sie sich diese im Abschluss gegenseitig, jedoch nur in der jeweiligen Kleingruppe. Danach „erfindet! jede Gruppe innerhalb von 30 Minuten fiktiv ein Produkt oder eine Dienstleistung, die es in dieser Form noch nicht gibt und für die ein Bedarf am offenen Markt existieren könnte.

ProduktideeDa die persönlichen Ressourcen auf den ersten Blick weder mit Unternehmensgründungen („Ich pflücke gerne Pilze!“), noch dem tatsächlichen Wettbewerb in der Wirtschaftswelt sowie oft auch nichts miteinander zu tun haben, ist hier Kreativität wie Gemeinschaftsarbeit gefragt. Das Produkt bzw. die Dienstleistung kann gerne so uncool wie Schulterpolster in den 80ern oder objektiv betrachtet so überflüssig wie ein Tamagotchi sein. Hauptsache, alle (!) Ressourcen der Mitwirkenden werden dafür eingesetzt, sodass sich jedes Gruppenmitglied als UnternehmenspartnerIn einbringen kann. Jede Kleingruppe präsentiert im Anschluss den anderen ihre Wahnsinnsidee – zusammen mit einem ersten Logo-Entwurf und einem knackigen Verkaufsspruch! Dabei muss deutlich herauskommen, welches Gruppenmitglied seine Qualitäten an welcher Stelle eingebracht hat. Manch geniale Innovation ist so schon entstanden, zwingt man sich, alle vorhandenen Ressourcen vollständig auszunutzen und effektvoll zusammen zu bringen. Etwas zu haben oder zu können, ist dabei nicht wichtiger als beispielsweise zu wissen, wo oder von wem man es kriegen könnte! Wie im echten Leben auch.

Spiele-SpaßSie können diese Übung themenspezifisch verfeinern (künftige Selbständigkeit, neuer beruflicher Aufgabenbereich, persönliche Weiterbildung etc.) und damit näher eingrenzen. Nicht nur die bloß scheinbar willkürlichen Ideen-Kreationen werden Sie verblüffen, sondern ebenso der Spaßfaktor! Effectuation fördert das Denken in Kooperationen auf Augenhöhe, das mutige Ausprobieren und lässt Sie Ihre Einstellung gegenüber Unsicherem überdenken: Zufälligkeiten, Umstände und Fehler gehören mit zur persönlichen wie beruflichen Entwicklung – man kann sie auszuschalten versuchen oder sie nutzbar integrieren!