Distance Communication im Lockdown 2: Wie man Online-Lehre, virtuelle Meetings und Remote Conferencing aktiv und nachhaltig gestalten kann
Die zweite Corona-Welle schwappt herüber, und viele kriegen nasse Füße. Vor allem jene, die Online-Lehre, virtuelle Meetings und Remote Conferencing als Notlösung und Übergangsbehelf gesehen haben. Einige hat die Schnelligkeit des zweiten Lockdowns überrascht wie die Tatsache, dass ein aktives und nachhaltiges Arbeiten mit digitalen Tools mehr bedeutet, als das neueste digitale Board zu kennen, Breakout-Rooms zuzuteilen oder den richtigen Headset-Eingang zuzuschalten.
Online ist (fast) alles möglich, was offline geht – aber digitale Video-Kommunikation funktioniert etwas anders! Die unserer Erfahrung wichtigsten Learnings bei Online-Lehre, virtuelle Meetings und Remote Conferencing haben wir hier zusammengefasst:
Wissens- und Erfahrungsstand zu Beginn aktualisieren
Gerade bei asynchronen Lernsettings oder im Homeoffice kriegen wir weniger mit, was die anderen tun. Es gibt weder Cafeteria-Tratsch noch Flurfunk oder Großraumbüro-Nähe. Daher ist die Möglichkeit einer Online-Abfrage schon vor Beginn einer Video-Schaltung hilfreich, schon allein um dieses gegenseitige „Sich-auf-den-neuesten-Stand-bringen“ nicht die ersten 30 Minuten wertvoller Meeting-Zeit wegfressen zu lassen. Dazu kann man ein Online-Whiteboard wie z. B. Miro zwei Tage vorher freischalten mit der Bitte, bestimmte Fragen, Topics, Lernziele oder Entscheidungsvorschläge für die nächste Sitzung bereits dort für alle zu dokumentieren. Alternativ tut es auch eine Erwartungsabfrage für das kommende Treffen z. B. mit Reetro.
Digital Small Talk – Must statt Nice to have
Anders als offline kommen alle nahezu gleichzeitig in den (sterilen und funktionalen) virtuellen Meeting-Raum. Es gibt keine Rituale wie bei der Sitzplatz-Einnahme, wo eine/r der/m anderen einen Stuhl anbietet. Niemand bringt lächelnd eine Tasse mit dampfendem Inhalt mit zum Tisch oder zwei kommen sich unterhaltend hineinspaziert und halten jemandem zunickend die Tür auf. Viele Menschen schreckt das ab oder es macht sie passiv. Beginnen Sie jedes Setting mit einer Runde zu etwas Persönlichem wie etwa der Frage an alle: „Worauf freuen Sie sich heute, was nichts mit diesem Treffen zu tun hat?“ oder „Also, ich sehe gerade zwei Topfpflanzen und drei Bücher im Regal und aus dem Fenster heraus einen roten Sportwagen. Was sehen die anderen bei sich?“. Zu Anfang steht so nicht nur der obligatorische, technische Check-In („Hören Sie mich und sehen Sie mich gut?“) im Vordergrund sondern der Mensch in seiner aktuellen Lebenssituation – mit dem Nebeneffekt, das man ein niederschwelliges Gemeinschaftsgefühl schafft, alle sogleich einmal zu Wort gekommen sind und man ein erstes Stimmungsbild erhält, um die Moderation zu erleichtern.
Spielerisches Lernerlebnis
Ob Vorstandvorsitzuende/r, Topmanagemer/in oder Kolleg/in: Im Herzen sind wir alle (auch) kleine Kinder, die gerade bei langatmigen Sitzungen mit komplexen Themen nach etwas Spielerischem zur Auflockerung dürsten. Auch online wirken spielerische Quizzes z. B. zur kurzen Wiederholung von Fachwissen oft Wunder, wie z. B. über Wordwall. Auch kann man statt langweiliger Wiederholungen von Diskutiertem auch Challenges stellen à la: „Wer schafft es, die eben beschlossenen Essentialia in unter drei Sätzen zusammenzufassen?“ oder „Kann das zuvor Gesagte jemand in English oder Französisch wiedergeben?“ Das macht Spaß, ölt die Ganglien und bringt Leichtigkeit in das Meeting.
Emotionale Situationen im Kopf erzeugen
Die räumliche Distanz bei Besprechungen zu verringern, erfolgt am besten damit, eine inhaltliche Verbindung herzustellen, die ein Gefühl beim Gegenüber auslöst. Bei Schulungen zu Akquise-Telefonaten ist das gang und gäbe, bei Video-Schaltungen soll dies oft das Lächeln des verpixelten Wackelbilds auslösen – tut es aber nicht. Sätze wie „Können Sie sich noch erinnern, wie Sie sich in dieser Situation gefühlt haben, als …?“ oder „Mir ist ein Erlebnis … im Gedächtnis. Vielleicht hatten Sie ein ganz Ähnliches?“ helfen dabei ebenso wie emotionale Bilder von menschlichen Gesichtsausdrücken in der Präsentation. Dann können die Teilnehmenden Fakten persönlich vernetzen und merken sie sich auch noch nach dem Meeting.
Ergebnisdokumentation im Meeting
Ergebnisprotokolle im Nachgang zu Offline-Treffen sind bereits anstrengend – für die Person, die sie verfassen „darf“ und diejenigen, die es zwei Wochen später eh nicht lesen. Online ist es noch schwieriger, wenn man gefühlt stundenlang geredet hat und nach der Konferenz der „Meeting verlassen“-Knopf gedrückt wurde. Dokumentieren Sie Entscheidungen, Einfälle, Offenes und Geklärtes direkt im Meeting. Dann hat niemand die Zusatzarbeit im Nachgang, ein Protokoll schreiben und sich an Details erinnern zu müssen. Verteilen Sie in jeder Sitzung oder Lerngruppenarbeit vorab die Rolle „Dokumentator/in“ und lassen sie die-/denjenigen transparent in ein Online-Dokument mitschreiben, das alle sehen können – z. B. mithilfe eines Filehostings bzw. Online-Editings wie Google Drive. Gibt es Widerstand à la: „Hey, was du schreibst, haben wir gerade so nicht gesagt!“, ist das besser, als beim nächsten Setting ein Protokoll „genehmigen zu lassen“, dessen Inhalt niemand mehr verifizieren kann. Nebenbei bleibt nicht das Mündliche sondern ein materialisierter, visualisierter Output vom Meeting über, sprich: die geleistete Arbeit wird direkt sichtbar.
Konkrete nächste Schritte am Ende
Aus dem Offline-Bereich wissen wir, dass es eine Sache ist, Ziele zu beschließen und To-dos zu verteilen – die andere ist es, wenn beim Folgetreffen sich alle betreten anschauen auf die Frage hin, was seitdem weitergegangen ist. Menschen, die einen kleinen Schritt sofort tun, welche die erste Veränderungshürde schnell nehmen, bleiben erfolgreicher dran, wenn sie später selbst dafür verantwortlich sind, den Weg weiterzugehen. Ein Remote Meeting sollte daher immer damit enden, Jede/n eine (einfache) konkrete Sache aufschreiben und vor allen kommunizieren zu lassen, die er/sie heute oder morgen diesbezüglich angeht. Solche Menschen verlassen das Meeting mit dem Bild im Kopf, bereits aktiv im Tun zu sein. Verstärken kann man das noch, indem man alle (anonym) einlädt, online einen Brief an sich selbst zu verfassen, der einem dann per Email gratis als Reminder zugestellt wird. wie z. B. über Futureme.
Nachhaltigkeit – nach der ist vor der Konferenz
„Vertrauen ist gut, Kontrolle …“ – Ob dieser Satz von einem bekannten russischen Politiker stammt oder nicht, sei dahingestellt. Allein aber schon das Wissen darum, dass jemand einen später nach der Weiterentwicklung fragen wird oder man über diese bald berichten soll, bewirkt etwas. Zu Beginn jedes Online-Follow-ups, Jour Fixes oder der Vertiefungsvorlesung sollte ein Bezug zum Vorhergehenden hergestellt und Jedem/r die Gelegenheit gegeben werden, seine Erfahrungen, Blockaden oder Erfolge seit dem letzten Mal kundzutun. Das schafft Gemeinsamkeit im Tun selbst dann, wenn man berichtet, diesmal leider nichts weitergebracht zu haben – meist ist man damit nie ganz allein sondern merkt, dass auch andere mal mit deren Belastungskapazität ins Straucheln geraten sind oder sogar so ein generelles Problem angesprochen wird, dass mehrere betrifft. Dazu kann in Meetings etwa ein virtuelles Taskboard visualisiert werden (z. B. über Asana), wo man auf dem geteilten Bildschirm einzelne, zuvor vereinbarte To-dos auf den Erfüllungsgrad hin durchgeht, Prozessschritte nachvollzieht, Fortschritte taggt oder zuvor vereinbarte OKR (Objectives and Key Results) abfragt. Bei größeren Gruppen oder heiklen Themen kann man auch (anonymisiert) eine Fortschrittsumfrage starten, wo alle sich eintragen – z. B. mit Mentimeter.
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