Education Life Balance – Wie Sie Studium, Weiterbildung und Ihr Leben unter einen Hut bringen
Mein Studium und ich – zwei ungleiche Brüder/Schwestern?
Studien, Weiterbildungen oder Fortbildungsseminarreihen: Alle verlangen uns nicht nur deren Bewältigung ab, sondern auch, das neue Bildungssetting mit dem restlichen Leben in Einklang zu bringen! „Mein Leben und ich“, hieß einmal eine TV-Serie, in der die Protagonistin ihr Selbst, ihre Persönlichkeit und ihre Träume tagebuchartig mit tatsächlich gemachten Erfahrungen, Eindrücken und ihrem Umgang mit der Außenwelt konfrontierte. Das funktioniert lustig im Fernsehen, nicht jedoch im Studien- und Weiterbildungsleben. Über Lernerfahrungen (gerne im Tagebuch) schriftlich zu reflektieren, ist super, es dem „wirklichen“, „echten“ oder „anderen“ Leben gegenüberzustellen, aber wenig hilfreich.
Statt solchermaßen ein Problem kompensieren zu wollen, akzeptieren Sie entweder Ihr Lernsetting, ändern oder beenden sie es. Wenn Sie studieren oder sich weiterbilden, gehört das mit allen Herausforderungen zu Ihnen. Nehmen Sie es an, und stehen Sie dazu! Das bedeutet nicht, dass Sie Schlechtes rechtfertigen oder sich mit Haut und Haaren Ihrer Alma Mater oder Ihrem Fortbildungsinstitut verschreiben müssten. Aber Ehrlichkeit Ihnen selbst gegenüber eliminiert unterbewusste Selbstzweifel und spart Kraft, die Sie an anderer Stelle während der (Weiter-) Bildung gut gebrauchen können.
Bummelstudi oder Weiterbildungswunderwuzzi – Beides o.k., so es für Sie o.k. ist
Formelle (Weiter-) Bildung funktioniert meist über objektivierte Leistungsoutput-Kontrollen z.B. mittels Prüfungsnoten, schriftlichen Beurteilungen oder mündliches Feedback. Der hineingesteckte Studieninput jedoch ist meist subjektiv und hängt von Ihrer Studien- und Weiterbildungs-, letztlich Ihrer persönlichen Lebenssituation ab. Der Vergleich, wie viel schneller, besser oder weiter Ihre FreundInnen, Bekannten oder BildungskollegInnen (angeblich) sind, bringt nichts! Studienpläne und Benotungen sind nach Vergleichsschemata aufgebaut; auch unser Gehirn befindet sich ständig im Vergleichsmodus.
Bevor Sie das nächste Lern-Feedback (z.B. Klausur, Präsentationsbeurteilung oder Lernteambesprechung) erwartet, legen Sie fest, welcher Lernstand diesmal für Sie persönlich ein subjektiv guter ist. So fokussieren Sie auf Ihre eigene Leistung, nicht die der anderen oder einer mathematischen Notenskala. Sie werden nicht nur erstaunt sein, wie oft Sie besser sind als erwartet (ein Grund zur Freude!). Sie wird ebenso überraschen, wie seltener Sie die Frage „Und, was hast du für ein Feedback?“ künftig an andere stellen. Es wird Ihnen bald egal sein, ob Ihr Sitznachbar nur wegen des Abschreibens eine Note besser abgeschnitten hat als Sie, wenn Ihr Lernstand für Sie passt – für wen ist er schließlich sonst gedacht?!
Haben Sie ungerechterweise wieder keinen Platz im heißbegehrten Spezialseminar oder in das Lieblingsteam bekommen, aber Ihre Streberfreundin brüstet sich damit? Lassen Sie sich spontan fünf Situationen einfallen, in denen Sie einmal unverdienterweise Glück im Bildungsleben hatten. Es werden sicher viel mehr sein, und: Sie dürfen sich darüber freuen! Sie müssen kein Problem damit haben, dies ab und zu den anderen zu gönnen. Diese nehmen Ihnen nichts weg, worauf Sie einen Anspruch hätten!
Ihre persönliche Bildungsidentifikation – Die (un-)bewussten Rollen einnehmen
Manchmal reagieren Sie trotzdem verärgert und tappen in die Vergleichsfalle, obwohl Sie individuell und einzigartig sind? Das ist normal, denn wir alle sind Menschen, die einmal einen „starken“ Tag haben und ein andermal nicht. Es hängt aber nicht nur von Ihrer Tagesverfassung allein ab, wie Sie durch die (Weiter-) Bildungswelt spazieren. Oft nehmen Sie eine bestimmte Rolle ein – fast so wie SchauspielerInnen. Allerdings haben diese gelernt, sich ständig bewusst zu machen, dass sie (nur) in einer Rolle stecken. Sonst würden sie irgendwann mit ihrer Figur verschmelzen! Seien Sie ehrlich: „Spielen“ Sie gelegentlich den/die Beleidigte/n, geben sich verletzt oder machen auf „von allem gestresst“ – und das oft unbewusst?! Darüber ärgern Sie sich, bekommen aber keinen Oscar von Hollywood. Dennoch ist es praktisch: Ihre FreundInnen „checken“ dadurch leichter, dass Ihnen etwas nicht passt, und wissen zu reagieren. Auch für Ihre Selbstidentifikation können Rollen hilfreich sein.
Nehmen Sie an, es soll ein großer Blockbuster über ein Studienleben produziert werden und Sie spielen die Hauptrolle! Da das Drehbuch noch höchst unfertig ist, legt die Regisseurin Ihnen wegen des Termindrucks nahe, dass Sie Ihre Rolle selbst finden sollen – welche wäre das für Sie? Sie können oder wollen sich nicht entscheiden? Dann denken Sie an einen tollen Film, ein lustiges Theaterstück oder ein packendes Buch, dass Sie mit Begeisterung verschlungen haben. Der Charakter welcher Figur darin hat Ihnen am besten gefallen? Mit welchem könnten Sie sich am ehesten identifizieren? Schreiben Sie alle, die in Frage kommen, auf und jeweils daneben, in welchen Szenen Sie sie besonders gelungen fanden. Ergänzen Sie fünf für die jeweilige Figur wichtige Eigenschaften wie z.B. Courage, Treue, Einfühlungsvermögen, Lernfähigkeit oder einfach ein sexy Äußeres. Nehmen Sie nun alle für Sie passenden Eigenschaften und „mixen“ Sie sich daraus Ihre Rolle! Heften Sie ein Papier an Ihre Pinnwand mit der Überschrift „Das ist meine Studien- und Weiterbildungsrolle!“, schreiben darunter die Eigenschaften und geben Ihrer Rolle einen aussagekräftigen Titel wie z.B. „Alice, die M.B.A.-Überlebenskünstlerin“ oder „Peter, ein Studienorganisationsgenie“.
Sie wissen, dass Sie nicht jeden Studien(all)tag tapfer wie der Sherriff im Western mit rauchenden Colts allen Schurken entgegen treten, sich nicht immer wie aus dem Ei gepellt als Topmodell im Seminar präsentieren oder wie eine Hochleistungsathletin 100 % + X aus sich heraussporteln – das macht gar nichts! Versuchen Sie, im Laufe Ihres Studiums oder Ihrer Weiterbildung tiefer in die Rolle zu finden, und fragen Sie sich am Abend, was heute gut und was weniger gut geklappt hat bzw. wie Sie Morgen Ihre Rolle noch passender ausfüllen könnten. Verankern Sie dieses Ritual, indem Sie sich zweimal wöchentlich abends im Schneidersitz vor Ihrem Rollenplakat positionieren.
Wenn Sie von jemandem hören: „Aber so bist du ja gar nicht“, entgegen Sie: „Stimmt, ist auch eine Rolle!“. Wenn Ihnen in den Kopf schießt, dass Ihr Studien- und Weiterbildungsleben keine sehr spannende Story abgebe, führen Sie sich vor Augen, was jetzt schon alles darin enthalten ist: Höhen und Tiefen, Ecken und Kanten, ein genialer Charakter und ein ungewisser Ausgang – alles, was der Blockbuster „Meine Bildung und ich!“ braucht.